Auch Kapitalerträge von Vereinen unterliegen grundsätzlich dem Steuerabzug vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer). Die folgenden Hinweise von Rechtsanwalt Stefan Karsten Meyer zeigen, wie Vereine den Kapitalertragsteuerabzug vermeiden können.
1. Grundlagen
Wenn Vereine Vermögen bei Kreditinstituten anlegen, unterliegen die Erträge daraus grundsätzlich der Kapitalertragsteuer. Erträge können zum Beispiel Zinsen, Dividenden, Investmenterträge oder Veräußerungsgewinne sein. Der Steuerabzug beträgt 25 % der Kapitalerträge zuzüglich Solidaritätszuschlag in Höhe von 5,5 % der Steuer. Die Steuer wird von dem konto- oder depotführenden Kreditinstitut bei der Auszahlung der Erträge einbehalten und an das Finanzamt abgeführt. Die einbehaltenen Steuerbeträge können dann nachträglich im Rahmen der Veranlagung zur Körperschaftsteuer (Steuererklärung) angerechnet und gegebenenfalls vom Finanzamt erstattet werden. Es gibt für Vereine unter bestimmten Voraussetzungen aber auch die Möglichkeit, den Kapitalertragsteuerabzug von vornherein zu vermeiden.
2. Befreiung vom Kapitalertragsteuerabzug für gemeinnützige Vereine
2.1 Steuerbefreite Tätigkeitsbereiche
Vereine, die als gemeinnützig anerkannt sind, sind im ideellen Bereich, in der Vermögensverwaltung und in Zweckbetrieben von der Körperschaftsteuer befreit. Erträge aus der Anlage von Kapitalvermögen werden in der Regel in der Vermögensverwaltung anfallen, können im Einzelfall aber auch zu einem Zweckbetrieb gehören (zum Beispiel wenn Vermögen zielgerichtet für die Veranstaltung eines Musikfestes angesammelt wird, bei dem Eintrittsgelder oder Teilnehmergebühren erhoben werden). In beiden Fällen gilt die Steuerbefreiung. Nicht von der Körperschaftsteuer befreit ist der steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetrieb. Gehören Kapitalerträge zu diesem Tätigkeitsbereich (zum Beispiel wenn Vermögen für die Renovierung des Vereinslokals angesammelt wird), sind sie daher nicht steuerbefreit.
2.2 Nachweis der Steuerbefreiung
Damit der Kapitalertragsteuerabzug unterbleibt, muss der Verein dem Kreditinstitut die Steuerbefreiung nachweisen. Dies geschieht durch die Vorlage bestimmter Dokumente. Hierfür gibt es mehrere Möglichkeiten:
2.2.1 Nichtveranlagungs-Bescheinigung (NV-Bescheinigung)
Der Verein kann dem Kreditinstitut eine NV-Bescheinigung vorlegen, die auf Antrag des Vereins vom Finanzamt ausgestellt wird. Erforderlich ist für gemeinnützige Vereine die NV-Bescheinigung »NV 2 B«. Der Antrag wird mit dem Vordruck »NV 2 A« gestellt -> zum Antrag. Die Bescheinigung wird unter dem Vorbehalt des Widerrufs ausgestellt, ihre Geltungsdauer beträgt höchstens drei Jahre und endet am Schluss eines Kalenderjahres (zum Beispiel ist eine im November 2021 ausgestellte Bescheinigung bis Ende 2023 gültig). Bei Dividenden unterbleibt der Steuerabzug nur für Dividendeneinnahmen bis höchstens 20.000€ im Kalenderjahr. Für diesen Betrag übersteigende Dividendeneinnahmen unterbleibt der Steuerabzug nur, wenn der Verein seit mindestens einem Jahr ununterbrochen Eigentümer der Aktien ist. Diese Einschränkungen dürften allerdings für die allermeisten Vereine nicht relevant sein.
2.2.2 Kopie des aktuellen Freistellungsbescheids
Das Finanzamt bescheinigt dem Verein die Steuerfreiheit (Gemeinnützigkeit) grundsätzlich in einem Freistellungsbescheid. Der Verein kann dem Kreditinstitut statt der NV-Bescheinigung eine Kopie des zuletzt erteilten Freistellungsbescheids überlassen. Der Bescheid muss für einen nicht älter als fünf Jahre zurückliegenden Veranlagungszeitraum erteilt worden sein (zum Beispiel für 2023 zufließende Kapitalerträge Bescheid für Jahre ab 2018). Die für die NV-Bescheinigung geltenden Einschränkungen für Dividenden gelten hier nicht. Die Kopie des Freistellungsbescheids darf bei dem Kreditinstitut allerdings nicht eingereicht werden, wenn die Kapitalerträge in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb anfallen.
2.2.3 Kopie der aktuellen Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid
Hat der Verein einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb mit Einnahmen oberhalb der Besteuerungsgrenze von 45.000€ im Kalenderjahr, erfolgt die Bescheinigung der Steuerfreiheit (Gemeinnützigkeit) nicht in einem Freistellungsbescheid, sondern in einer Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid. Der Verein kann dem Kreditinstitut eine Kopie der zuletzt erteilten Anlage überlassen. Der Steuerbescheid mit der Anlage muss für einen nicht älter als drei Kalenderjahre zurückliegenden Veranlagungszeitraum erteilt worden sein (zum Beispiel für 2023 zufließende Kapitalerträge Anlage zum Bescheid für Jahre ab 2020). Der Verein muss dem Kreditinstitut schriftlich mitteilen, ob die Kapitalerträge im steuerfreien oder im steuerpflichtigen Bereich anfallen.
2.2.4 Kopie des Feststellungsbescheids
Das Finanzamt bescheinigt neu gegründeten Vereinen die Steuerfreiheit (Gemeinnützigkeit) in einem Feststellungsbescheid. Der Verein kann dem Kreditinstitut eine Kopie des Feststellungsbescheids überlassen. Die Erteilung des Bescheids darf höchstens drei Jahre zurückliegen. Endet die Dreijahresfrist im Laufe eines Kalenderjahres, darf der Bescheid für dieses Jahr nicht mehr verwendet werden (zum Beispiel vermeidet ein im Juli 2021 erteilter Bescheid den Steuerabzug nur bis Ende 2023).
2.2.5 Unzulässig: Freistellungsauftrag
Nicht zulässig ist, dass der Verein dem Kreditinstitut einen Freistellungsauftrag erteilt. Mit dem Freistellungsauftrag bleiben Kapitalerträge bis zur Höhe des Sparer-Pauschbetrags in Höhe von 1.000€ (ab 2023, bis 2022: 801€) vom Steuerabzug verschont. Da der Verein aber bereits von vornherein steuerbefreit ist, spielt der Sparer-Pauschbetrag hier keine Rolle. Der Verein darf deshalb keinen Freistellungsauftrag erteilen.
2.3 Vorlage der Nachweise beim Kreditinstitut
Der Verein kann aus diesen Möglichkeiten, dem Kreditinstitut die Steuerbefreiung nachzuweisen, die für ihn passende wählen. Da der Feststellungsbescheid, der Freistellungsbescheid bzw. die Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid dem Verein ohnehin vorliegen, verursacht die Überlassung einer Kopie dieser Bescheide weniger Aufwand als die NV-Bescheinigung, die beim Finanzamt erst beantragt werden muss. Es genügt auch eine einfache Kopie, eine amtliche Beglaubigung ist nicht mehr erforderlich. Das Kreditinstitut wird die Richtigkeit der Kopie jedoch möglicherweise anhand des Originals überprüfen wollen. In allen Fällen kann aber nur dann vom Steuerabzug Abstand genommen werden, wenn das Konto bzw. Depot bei dem Kreditinstitut auf den Namen des Vereins geführt wird.
Die jeweiligen Nachweise sollten bei dem Kreditinstitut rechtzeitig, das heißt vor Auszahlung der Kapitalerträge, vorgelegt werden. Liegen dem Kreditinstitut bereits Nachweise vor, sollte darauf geachtet werden, rechtzeitig vor deren Ablauf neue Nachweise vorzulegen. Wird ein Nachweis erst im Nachhinein vorgelegt, kann das Kreditinstitut den Steuerabzug korrigieren und dem Verein die einbehaltene Steuer erstatten. Dies ist jedoch nur möglich bis spätestens zum 31. Januar des Folgejahres und nur, solange das Kreditinstitut dem Verein noch keine Jahressteuerbescheinigung ausgestellt hat. Ist dies bereits geschehen, kann der Verein eine Erstattung beim Finanzamt beantragen.
3. Befreiung vom Kapitalertragsteuerabzug für nicht gemeinnützige Vereine
Nicht gemeinnützige Vereine sind nicht von vornherein steuerbefreit. Sie können daher den Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 1.000€ (ab 2023, bis 2022: 801€) in Anspruch nehmen. Dies ist ab 2023 jedoch nur noch im Rahmen der Veranlagung (Steuererklärung) möglich. Auch nicht gemeinnützige Vereine dürfen dem Kreditinstitut ab 2023 daher keinen Freistellungsauftrag mehr erteilen.
Für steuerpflichtige Vereine gibt es einen Freibetrag in Höhe von 5.000€, der vom Einkommen (grob: Gewinn) des Vereins abgezogen wird. Vereine mit einem Einkommen von höchstens 5.000€ müssen daher keine Körperschaftsteuer zahlen. Sie können dem Kreditinstitut deshalb eine NV-Bescheinigung einreichen, die auf Antrag des Vereins vom Finanzamt ausgestellt wird. Erforderlich ist hier die NV-Bescheinigung »NV 3 B«, der Antrag erfolgt mit dem Vordruck »NV 3 A« -> zum Antrag. Die Bescheinigung wird unter dem Vorbehalt des Widerrufs ausgestellt, ihre Geltungsdauer beträgt höchstens drei Jahre und endet am Schluss eines Kalenderjahres (zum Beispiel ist eine im November 2021 ausgestellte Bescheinigung bis Ende 2023 gültig). Erkennt der Verein, dass die Voraussetzungen für die Erteilung der NV-Bescheinigung weggefallen sind (zum Beispiel weil das Einkommen in einem Kalenderjahr höher ist als 5.000€), hat er dies dem Finanzamt mitzuteilen und die Bescheinigung zurückzugeben.